Coworking – das ist mehr ein Gefühl denn festgelegte Standards. Und wie es sich anfühlen sollte, beschreibt unser Gastautor Tobias Kremkau.

Um die Kuh früh vom Eis zu holen: Es lohnt sich nicht, eine Definition für Coworking zu erarbeiten, die dann doch von allen ignoriert wird. Die erste Generation der Coworking-Pioniere hat dies 2012 mit dem Coworking Manifesto versucht. Mehr als 2.320 Menschen weltweit haben unterschrieben, aber davon merkt man heutzutage nicht viel in einer Filiale einer der großen Coworking-Ketten – Coworking ist kein geschützter Begriff und wird deshalb auch so inflationär genutzt.

Ob Bankfiliale oder Bibliothek: Coworken kann man auch hier

Es ist vielleicht auch nicht so wichtig, was Coworking per Definition ist. Wenn man über die Türschwelle eines Ortes geht, an dem man arbeiten möchte, dann hat man schnell ein Gefühl dafür, ob es einem hier gefällt oder eben nicht. Manche Menschen stehen auf das besser zu skalierende Starbucks-Imitat eines WeWork, andere lieben die Individualität oder Authentizität von Coworking Spaces wie dem St. Oberholz oder dem betahaus. Das alles ist Geschmackssache.

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Am Ende kann man auch Coworking in einer Bibliothek, einer Bank-Filiale oder eben einem Café betreiben, fühlen oder davon profitieren. Coworking ist kein Geschäftsmodell, sondern eine Kultur des Miteinanders. Dies macht es so universell und leider auch nur sehr schwer erklärbar. Wer wissen möchte, was Coworking wirklich ist, der muss es wohl erleben.

Zu laut? Zu leise? Was einem persönlich gefällt

Also Schuhe an, Schal umgelegt und mit dem Laptop unterm Arm ab in das nächste Coworking Space. Nur Mut! Bei einem Coworking Space würde ich es aber nicht belassen. Vielleicht gefällt einem im ersten Coworking Space nicht die Wandfarbe, im nächsten ist es zu leise und im dritten dann zu laut. Schnell merkt man, was einem persönlich nicht gefällt bzw. was für einen Ort man selber braucht, um seiner Arbeit nachzugehen. Und vor allem, welche Menschen man eigentlich um sich haben möchte. Auch in diesem Punkt unterscheiden sich die Coworking Spaces voneinander.

Coworking ist also kein immer gleiches Produkt, das man weltweit einheitlich ausrollen kann und dass stets gleich aussieht. Vielmehr ist Coworking ein individuelles Erlebnis, wie man selber seiner Arbeit nachgehen kann. Es ermöglicht Menschen ortsunabhängig zu arbeiten, dabei aber im Hier und Jetzt miteinander vernetzt zu sein. Damit sind Coworking Spaces die idealen Orte der Arbeit.

Angenehme Struktur und coole Community

Selbstverständlich sind Sachen wie Tische, Stühle, Kaffee, W-LAN, Strom und von mir aus auch Freibier an Freitagabenden wichtig fürs Erlebnis eines Coworking Spaces. Im Grunde sind das aber alles nur Features. Sie machen nicht den Kern von Coworking aus, das Zusammensein mit anderen Menschen. Das Community Management ist dafür zuständig und ist deshalb elementar. Es muss herzlich und ehrlich sein, nicht professionell freundlich wie der Empfang beim Zahnarzt.

Ein Coworking Spaces ermöglicht einem so frei wie zu Hause zu arbeiten, bietet einem aber als ein Ort der Arbeit die angenehme Struktur wie es früher das Büro tat, zu dem ich gezielt gegangen bin, um meine Arbeit zu erledigen, hat dafür aber die coole Community eines Cafés zu bieten, indem man gerne mit anderen Menschen zusammensitzt. Nicht ohne Grund geben rund 90 Prozent der befragten Coworker*innen an, sich in einem Coworking Spaces wohler und gesünder zu fühlen.

Sich den eigenen Bedürfnissen bewusst sein

Wie schon gesagt, Coworking nennt sich heutzutage vieles, aber nicht alles davon ist für einen selbst der richtige Ort zum Arbeiten. Diesen zu finden, sich seinen individuellen Bedürfnissen bewusst zu sein, auf sie zu hören und sich danach auszurichten, ist viel wichtiger. Für mich ist es das Coworking Space. Deshalb wollte ich, nachdem mir das selber klar wurde, auch nicht mehr woanders arbeiten, sondern habe mich gezielt darum bemüht, Coworking beruflich zu betreiben.

Wenn ihr eure Augen schließt und euch vorstellt, glücklich eurer Arbeit nachzugehen, wo wäre das? Schreibt es gerne in die Kommentare. Ich bin gespannt, was für Orte wir hier sammeln!

Tobias Schwarz (by Carolin Saage)Tobias Kremkau ist Head of Coworking des St. Oberholz in Berlin. Zusammen mit Ansgar Oberholz hat er das Institut für Neue Arbeit (IfNA) gegründet und berät Unternehmen zu Fragen der Transformation von Arbeit. Er ist als Editor-at-Large für die Netzpiloten Magazin GmbH tätig und berät die Redaktion in strategischen Fragen. Tobias ist Mitgründer der German Coworking Federation (GCF) und Mitorganisator der jährlich stattfinden COWORK-Konferenz, dem größten Event der deutschsprachigen Coworking-Szene.