Bei dem Berliner Fahrrad-Start-up „Bike Citizens“ wird nur vier Tage gearbeitet, der fünfte Tag gehört schon zum Wochenende. Hier erzählt Mitgründer Andreas Stückl, wie das funktioniert und warum sie trotzdem ihre Arbeit schaffen.

1. Ihr arbeitet nur vier Tage in der Woche. Wie kam es dazu?
Wir sind ein junges Technologieunternehmen im Digitalbereich, und wir arbeiten bei Bike Citizens mit viel Kreativität an Umsetzungen, die das Radfahren in Städten fördern. Kreativität als Zugpferd für unseren Erfolg entsteht meiner Meinung nach durch Freiraum, Abwechslung und einem buntem Mix an Eindrücken, die außerhalb der tagtäglichen Büroarbeit auf uns alle eintreffen. Wir sind uns sicher: Unsere 4-Tage-Woche steigert die Kreativität. Außerdem wollten wir der Welt beweisen, dass die 5-Tage-Woche nicht in Stein gemeißelt ist und wir trotz dieser Reduktion erfolgreich am Markt bestehen – mit engagierten und noch einer Spur glücklicheren Mitarbeiter/innen.

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2. Wie habt ihr das umgesetzt?
Das war relativ simpel bei unserer damaligen Unternehmensgröße von etwa 20 Personen: Die Idee wurde in großer Runde präsentiert, Pro und Contra eingeholt, wobei das Contra absehbar gering ausfiel. Danach gingen wir in eine Testphase, die im Anschluss absolut positiv bewertet wurde und somit ging die 4-Tage-Woche offiziell ins Rennen.

3. Welche Herausforderung kam auf euch zu? Wie seid ihr damit umgegangen?
Unser Geheimnis ist, dass wir das mit der 4-Tage-Woche nicht isoliert angingen. Wir waren mitten in einem Transformationsprozess vom Start-up hin zum etablierten jungen Unternehmen und nahmen bei der Gelegenheit gleichzeitig die Verbesserung interner Prozesse ins Visier, durchleuchteten zum Beispiel die Meetingstrukturen, zogen ein mittleres Management ein, visualisierten Prozess- und Kommunikationsabläufe und verbesserten unsere Mechaniken zur Entscheidungsfindung. Das Ergebnis war eine effizientere Organisationsstruktur, welche die Reduktion von 38,5 Wochenarbeitsstunden an 5 Tagen auf 36 Stunden an 4 Tagen locker verkraften konnte.

4. Wie habt ihr ins Haus hinein erklärt, was ihr vorhabt und wie das geht?
Ganz ehrlich: Wir mussten bei dem Vorgang nicht großartig die Werbetrommel rühren. Einen Zugewinn an persönlicher Freizeit ist doch eher ein Gewinnerthema. Hier und da gab es Vorbehalte, ob denn mit weniger Arbeitsstunden das Arbeitspensum realisierbar wäre, doch diese Ängste verflogen mit gleichzeitiger Einführung einer verbesserten Organisationsstruktur.

5. Was ist euer wichtigstes Learning aus dem Prozess?
Gemäß dem Ansatz „Vision ist die Kunst, Unsichtbares zu sehen“ war es uns wichtig, alle von vornherein mit ins Boot zu holen, die Vision sichtbar zu machen und deren Machbarkeit anhand von ausgereiften Überlegungen in einem Pilotprojekt umzusetzen. Und das haben wir auch gemacht.

6. Wenn ihr einer anderen Organisation einen Rat geben würdet, die sich auch auf den Weg macht: Welcher Ratschlag wäre das?
Ich würde empfehlen: Je nach Größe der Organisation Testläufe zu starten, um nicht den ganzen Laden adhoc umkrempeln zu müssen. Also lernen, reden, vielleicht auch mal Scheitern, aber dann wieder daraus lernen. Das erfordert sicherlich Mut, aber der größte Fehler an sich ist mitunter die Angst, Fehler zu begehen.

Andreas Stückl (Bild: Promo)

Andreas Stückl (Bild: Promo)

Andreas Stückl studierte nach dem Abitur Fotografie. Er ist in der Welt zuhause und hat mittlerweile schon knapp 50 Länder bereits. Nach beruflichen Stationen in Stuttgart, Graz und Wien landete Andreas 2011 in Berlin und gründete Bike Citizens. Nebenbei beschäftigt er sich ausführlich mit Analogfotografie und ist außerdem Vorstand bei www.fotografieberlin.de