Als das Internet erfunden wurde, kam es mit vielen guten Versprechungen. Die sind zum Teil eingelöst, wir sehen aber auch, dass das Netz uns stresst und ablenkt und uns unserer produktiven Arbeit beraubt. Und das ist der Grund, weshalb wir nach einer Tech Life Balance streben sollten, meint die Beraterin Rebecca Weisl. 

Benachrichtigungen ausschalten, mal das Postfach aufräumen, Mails nur einmal am Tag beantworten – es gibt viele Tipps, um den Alltag produktiver und effizienter zu gestalten. Das sind die Dinge, die meistens unter dem Begriff „Tech Life Balance“ verstanden werden – das letzte bisschen Effizienz aus einer eh schon hyper-effizienten Welt rausdrücken. Oder wie es ein Bekannter neulich mal so radikal ehrlich ausgedrückt hat: “Durch das Lösen von ein paar Luxusproblemen die oberste Bedürfnisstufe auch noch erfüllen.”

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Derweil ist der Grund, warum wir das Konzept von Tech Life Balance in unserer Gesellschaft und unserer Arbeitswelt so dringend brauchen, vielleicht sogar der grundlegendste.

Aber fangen wir von vorne an.

Als das Internet (wie wir es heute kennen, also als Vernetzung von Rechnernetzwerken) in den 80er-Jahren seinen Anfang nahm, versprach man sich viel von dieser damals bereits als bahnbrechend angesehenen Technologie. Das Internet als Katalysator der digitalen Transformation stellte so schöne Dinge in Aussicht wie: Demokratisierter Zugang zu Wissen, mehr Jobs, eine gerechtere Gesellschaft, kurzum, ein Business-Modell, das allen zugute kommt.

Hyperkonnektivität und Fake News

Heute, Jahrzehnte nach diesem optimistischen Blick auf das, was man rückblickend als die digitale Revolution bezeichnet hat, sieht die Realität ein wenig anders aus: Massenhafte Verbreitung von Fake News, Soziale Netzwerke, die uns einsam und unglücklich machen, Hyperkonnektivität, die zu zwölf Stunden Arbeitszeit vor dem Laptop führt, ein grundlegendes Design von Technologie, das uns physiologisch so “austrickst”, dass wir uns konstant selbst bei dem unterbrechen, was wir eigentlich gerade tun wollten.

In meinen Vorträgen starte ich häufig mit der Aussage: „Ich bin ein Fan von Technologie.“ Denn wenn man Menschen 30 Minuten lang erklärt, welche negativen Auswirkungen die digitale Transformation auf uns als Individuum und auf die Gesellschaft als Ganzes hat, könnte man auf die Idee kommen, uns schnell in die Ecke von radikalen Technologie-Kritikern zu stellen. For the record: Sind wir nicht. Gäbe es technologische Entwicklungen wie Videotelefonie oder digitale Whiteboards nicht, hätte ich gerade keinen Job. Neueste Innovationen ermöglichen es uns, Wissen miteinander zu teilen, kollaborativ miteinander zu arbeiten und Mitarbeitenden unterschiedlichster Unternehmen einen sicheren Arbeitsplatz zu gewährleisten.

Im Schnitt werden wir alle 18 Minuten unterbrochen

Gleichzeitig zeigt sich eben auch eine Schattenseite dieser Technologien. Im Schnitt werden wir alle 18 Minuten bei dem unterbrochen, was wir gerade tun. Nimmt man die externen Störfaktoren weg, füllen wir diese Leere, indem wir uns einfach noch mehr selbst ablenken. Denn: Durch die Omnipräsenz von digitalen Medien in unserem beruflichen aber auch privaten Leben sind wir die “instant gratification” so gewohnt, dass es uns zunehmend schwer fällt, herausfordernde Aufgaben konzentriert und fokussiert zu lösen. Eine Slack-Nachricht zu beantworten fühlt sich eben kurzfristig besser an als auf diesem neuen Konzept rumzudenken.

Das, was dabei nun mit den Menschen passiert, die sich in einer zunehmend digitalisierten Arbeitswelt zurechtfinden müssen, ist, dass wir uns systematisch unsere wertvollsten Fähigkeiten abtrainieren. Denn: Durch den zunehmenden digitalen Stress sind wir weniger kreativ, uns und anderen Menschen gegenüber weniger empathisch, können uns weniger fokussieren und fühlen uns nach einem Arbeitstag unzufrieden und ausgelaugt.

Technologie aktiv neu gestalten

Deshalb brauchen wir mehr Tech Life Balance. Denn Tech Life Balance bezeichnet das Konzept, Technologie so zu nutzen, dass sie zum psychischen, physischen und sozialen Wohlbefinden beiträgt. Es braucht also nichts weniger als einen Paradigmenwechsel!

Denn wenn wir anfangen, unsere Beziehung zu Technologie aktiv neu zu gestalten, stärken wir damit nicht nur uns selbst, sondern legen auch den Grundstein dafür, den gesellschaftlichen Herausforderungen aktiv und bewusst zu begegnen. Denn ein Unternehmen, welches seine Mitarbeitenden dabei unterstützt, eine gute Tech Life Balance auszubilden, befähigt sie auf dem grundlegendsten Level: Dem Menschsein.

Rebecca Weisl (Bild: Promo)

Rebecca Weisl (Bild: Promo)

Rebecca Weisl hat mehr als sechs Jahre Erfahrung im Bereich Change Management, Innovationsmanagement und (Selbst-)Führung, für Kunden und Kundinnen von Grundschulen bis hin zu DAX-Unternehmen. Im Jahr 2017 gründete sie das Institut für Tech Life Balance, welches erforscht, wie Menschen eine bessere Beziehung zu Technologie gestalten können.

 

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