Katrin Bringmann ist Organisationsberaterin und weiß, wie wichtig Rituale und Routinen für den persönlichen und organisationalen Erfolg sind. Hier gibt sie Einblick in ihre eigenen Gewohnheiten und teilt Tipps, wie Veränderung gelingt. 

Warum sind persönliche Gewohnheiten, Routinen und die individuelle Auseinandersetzung mit ihnen so wichtig?
Ich denke, sie sind deshalb so wichtig, da wir enorme Energie sparen durch die Automatisierung von Abläufen und wir außerdem so etwas wie Sicherheit spüren, wenn wir uns an unsere Gewohnheiten halten. Dieses Gerüst fester Rituale – früher war es zum Beispiel der sonntägliche Kirchgang, heute sind es vielleicht Rituale, wie nach dem Mittagessen eine Runde rauszugehen oder die regelmäßige Kaffeerunde mit dem Team am Freitagnachmittag – macht uns zufrieden und gibt uns die Sicherheit, dass alles gut läuft.

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Auf der anderen Seite gibt es natürlich genügend schlechte Gewohnheiten, die uns langfristig gar nicht guttun – und diese zu ändern fällt entsprechend schwer: Wir brauchen vor allem ein klares Ziel, viel Disziplin und die Lernpsychologie sagt ja auch, dass man mindestens drei Monate braucht, um eine alte Routine durch eine neue zu ersetzen. Den langen Atem brauchen wir also…

Welche Rolle spielen Gewohnheiten in den Organisationen und in der Arbeitswelt von heute?
Ich komme ja aus der lernpsychologischen Ecke und bin sicher, dass Gewohnheiten in der Arbeitswelt unser Gehirn sehr stark entlasten können. Gute Gewohnheiten wie zum Beispiel Rituale am Morgen, wie ein Glas Wasser zu trinken oder auf die Yogamatte zu gehen, helfen uns, bestimmte Ziele zu erreichen.

Gerade in der anspruchsvollen Arbeitswelt im Home-Office, wo die Abgrenzung zwischen Privatem und Beruflichem vielen schwerfällt, tut es gut, sich an bestimmten Gewohnheiten zu orientieren und somit Abläufe zu automatisieren. Da wir nicht jedes Mal eine neue Entscheidung treffen müssen, machen Gewohnheiten und Rituale das Leben leichter, denn Entscheidungen brauchen eine Menge Energie und die kann ich mir dann für andere Arbeitsgänge aufsparen.

Wie etabliert man neue Gewohnheiten?
Indem wir zunächst das Ziel erkennen, das wir erreichen wollen mit der neuen Gewohnheit, etwa zum Frühstück nicht mehr Kaffee zu trinken, sondern Kräutertee. Der Sinn dahinter? Eine gesündere Lebensweise, denn Kaffee kann, gerade zu Beginn des Tages, den Organismus stark übersäuern. Das weiß ich und ersetze dann den Kaffee über eine gewisse Zeit durch Tee. Der Körper und auch das Gehirn gewöhnen sich also langsam daran und nach drei Monaten denke ich gar nicht mehr an Kaffee am Morgen – es sei denn, ich erkenne den Nutzen dahinter nicht mehr…

Welche Rolle spielt das Thema in Deinem Job?
Als Selbstständige, die vor allem aus dem Home-Office arbeitet, spielen Gewohnheiten und Rituale eine herausragende Rolle in meinem Job. Mein wichtigstes Ritual ist meine Wochenplanung am Sonntagabend: ich habe dafür ein eigenes Tool entworfen, eine Mindmap, die für jede Woche genau dieselben Projekte und Themen abbildet und jede Woche neu befüllt wird. Das gibt mir ein gutes Gefühl, einen klaren Fokus und ein klares Gerüst an To-Do’s und Zielen. An der Form des Mindmaps mag ich den Überblick aller To-Do’s über die ganze Woche. Auch Pufferzeiten, Sporteinheiten oder Familienzeit sind in der Mindmap sichtbar und ich kann so – und das ist ein weiterer Vorteil – über längere Zeit erkennen, wenn eine Disbalance auftritt.

Welche Gewohnheiten und Routinen prägen Deinen Arbeitsalltag?
Ich habe verschiedene Routinen:

  1. Ich habe ein Morgenritual, das aus Yoga, Meditation und positiven Affirmationen besteht.
  2. Lesestunde: Jeden Tag, bevor ich mich an den Schreibtisch setze, lese ich für 30 bis 60 Minuten ein Sachbuch.
  3. Ich halte mich an klar definierte Essenszeiten, 3 x am Tag.
  4. Ich absolviere jeden zweiten Tag eine Sporteinheit draußen (egal wie das Wetter ist!).
  5. Am Abend ab 19:00 Uhr mache ich Schluss und fahre den Computer herunter.

Welche Routine ist Dir besonders wichtig?
Meine morgendliche Yogapraxis. Es geht dabei um maximal 20 Minuten, es ist also kein großer Zeiteinsatz und ich habe sie etabliert, als die Kinder noch sehr klein waren und ich viel gearbeitet habe. Ich war viel auf Reisen, hatte einiges unter einen Hut zu bekommen – und hatte dann den Anflug eines Hörsturzes: Es war einfach zu viel.

Ich habe dann eine Yogalehrerin gebucht, die mit mir Yogaübungen eintrainiert hat, die genau auf meine Bedürfnisse ausgerichtet waren. Da am Tage keine Zeit für die Übungen war, habe ich mir dann überlegt, ich muss einfach früher aufstehen, bevor die Kinder aufwachen und ihre Bedürfnisse haben. Und damit war mein Morgenritual geboren, das ich bis heute beibehalte, weil es mir Sicherheit und einen starken Fokus gibt und mich entspannter in den Tag starten lässt. Zu Beginn war es hart, klar – aber ich habe schnell so eine positive Wirkung gespürt, dass ich dachte: Das lohnt sich!

Was ist Dein Ratschlag für Menschen, die an ihren Gewohnheiten arbeiten wollen?
Das ist für mich ein mehrstufiger Prozess:

  • Zuerst die schlechte Gewohnheit erkennen und sie als nicht nicht zuträglich identifizieren.
  • Das Ziel, das dahinter steckt, diese Gewohnheit zu verändern, klar formulieren und es auch notieren.
  • Nach und nach eine neue, gute Gewohnheit anwenden.
  • Allen darüber berichten, um mehr Druck zu haben, es auch wirklich zu ändern.
  • Sich immer wieder den Nutzen der geänderten Gewohnheit vor Augen führen, besonders in schwachen Momenten.
  • Nach Etablieren der neuen, zuträglichen Gewohnheit: Feiern! Und sich ruhig auch mal selbst auf die Schulter klopfen!

Was rätst Du Unternehmen, um gute Gewohnheiten bei sich zu verankern?
Ich empfehle, sich jemanden ins Unternehmen zu holen, der/die die entsprechenden Prozesse anschaut, analysiert und sein/ihr Fachwissen einbringt, Neues erläutert und gemeinsam mit dem Team oder den entsprechenden Führungskräften einübt.

Katrin Bringmann (Bild: Michel Buchmann)

Katrin Bringmann (Bild: Michel Buchmann)

Katrin Bringmann ist Trainerin, Organisationsberaterin, Businesscoach und Sachbuchautorin (Working Mom, 2018, und Die Midlife Chance, 2019). Im Jahr 2011 hat Katrin die Firma „neustart//wissen.verstehen.verändern“ gegründet, arbeitet als Selbstständige und widmet sich insbesondere den Themen Produktivität (Speedreading & Mindmapping, Merkmethoden und Zeitmanagement), erfolgreich Präsentieren und der Optimierung von Kommunikationsprozessen im Unternehmen. Katrin arbeitet in Berlin und deutschlandweit.

 

 

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